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Die Schilddrüse als gynäkologisches Schlüsselorgan

Diagnostik der Schilddrüsenfunktion

Die Schilddrüsenfunktion hat eine eminent wichtige Bedeutung für den adäquaten Ablauf von Ovarialzyklus, embryonaler Implantation und Schwangerschaft. Bereits Vorstufen von Schilddrüsen-Unter- und Überfunktionen (latente Hypo- oder Hyperthyreosen) können zu tiefgreifenden Störungen des Zyklus und des reproduktiven Systems führen. Die sorgfältige Abklärung der Schilddrüsenfunktion gehört deshalb in das Basisprogramm nahezu jeder gynäkologisch-endokrinologischer Diagnostik.
Das Screening auf Schilddrüsenfunktionsstörungen ist denkbar einfach und umfasst zunächst nur die Bestimmung des basalen TSH-Werts im Serum, der vor einer geplanten Schwangerschaft zwischen 0,4 und 2 mIU/l liegen sollte. Die von vielen Labors angegebenen oberen Grenzwerte sind für gynäkologische Fragestellungen zu hoch.

Sollte das TSH auffällig sein, ist die Bestimmung der freien Schilddrüsenhormone (fT3 und fT4) indiziert um latente von manifesten Schilddrüsenstörungen unterscheiden zu können. 

Bei (latenter) Hypothyreose sollten zur weiteren Abklärung die TPO-Antikörper bestimmt werden, die das Vorliegen einer Hashimoto Thyreoiditis (Autoimmunthyreoiditis) anzeigen. Typisch für die Hashimotothyreoiditis ist eine initiale Hyperthyreose durch Zellzerfall, gefolgt von einer Phase normaler Schilddrüsenfunktion. Langfristig münden fast alle Hashimotothyroiditiden in eine (latente) Hypothyreose. Neben der Schilddrüsenfunktion selbst ist für gynäkologische Belange auch die Höhe des TPO-Antikörpertiters von Belang, da TPO-AK einerseits die Implantation behindern können, andererseits aber auch transplazentar auf das Kind übertragen werden und dort Hyperthyreosen auslösen können. Gleiches gilt für die TSI-Antikörper (= TRAK), die sich beim Morbus Basedow finden und die eine (latente) Hyperthyreose verursachen können. Bei jeder manifesten Schilddrüsendysfunktion sollte darüber hinaus auch eine internistisch-nuklearmedizinische Abklärung mittels bildgebender Verfahren erfolgen.

Der Schilddrüsenstoffwechsel bei Kinderwunsch

Hashimoto Thyreoiditis

Therapie der Schilddrüsenfunktion

Die weitaus häufigsten Störungen in der gynäkologischen Praxis sind latente Hypothyreosen, die bei Kinderwunsch, Zyklusstörungen, Haarausfall oder anderen Störungen zwingend mit L-Thyroxin eingestellt werden sollten. L-Thyroxin sollte zunächst niedrig dosiert (25-50 ug / Tag), morgens nüchtern gegeben werden. Nach einer TSH-Kontrolle 3-4 Wochen später muss gegebenenfalls die Dosisanpassung erfolgen.  Angestrebt wird ein TSH im niedrig-normalen Normbereich (0,4-1,5 mIU/l). Übersuppressionen sind ebenso zu vermeiden wie eine insuffizente Einstellung. Bei latenter oder manifester Hyperthyreose sollte die Einstellung mit Thyreostatika, bzw. die operative oder nuklearmedizinische Therapie interdisziplinär geplant werden.

Schilddrüse und Reproduktion 

Schilddrüsenfehlfunktionen aller Art haben einen profunden Einfluss auf die Funktion der Eierstöcke und können direkt oder indirekt zu einer Ovarialinsuffizienz führen. So führt eine (latente) Hypothyreose durch den stimuliertenden Einfluss von TRH, häufig zu einer Hyperprolaktinämie. Auch auf die embryonale Implantation scheint die Schilddrüsenfuktion einen relevanten Einfluss zu haben.

Vor jeder Sterilitätstherapie ist die Diagnostik und korrekte Einstellung der Schilddrüse ein unbedingtes Muss.

Vor allem die Hashimotothyreoiditis führt zudem zu einer deutlichen Verschlechterung der embryonalen Implantation, die unbehandelt zu einer Verschlechterung der Ergebnisse der assistierten Reproduktion und zu einer signifikanten Erhöhung der Fehlgeburtenrate führt.

Bei TSH-Werten > 2.5 mIU/l verbessert eine Schilddrüseneinstellung mit L-Thyroxin nach aktuellen Studien nachweislich die Erfolgsraten im IVF/ICSI und den Schwangerschaftsverlauf. So zeigt eine aktuelle Metaanalyse aller verfügbarer Studien eine signifikante Erhöhung der Schwangerschaftsrate nach IVF/ICSI um den Faktor 1,75, eine Halbierung der Fehlgeburtsrate und eine deutliche Erhöhung der Rate an geborenen Kindern.

Schilddrüse und Haut

Manifeste und latente Schilddrüsendysfunktionen sind häufige Ursachen des Haarausfalls (Alopezie). Typischerweise führt die Hyperthyreose darüber hinaus zu warmer, feuchter und geröteter Haut. Die Haare werden dünner und weicher. Der Haarausfall ist meist diffus unter Einbeziehung von Augenbrauen und Pubes. Bei der Hypothyreose findet sich im Gegensatz dazu eine verdickte, trockene Haut.

Schilddrüse und Psyche

Schilddrüsendysfunkionen sind für den Gynäkologen wichtige Differentialdiagnosen zum klimakterischen Syndrom, zur endogenen Depression und gelegentlich zum Prämenstruellen Syndrom (PMS). Insbesondere bei Hyperthyreosen finden sich gehäuft manisch-depressive Zustandsbilder, hysterische Reaktionen verbunden mit Konzentrations- und Denkstörungen. Die weitaus häufigeren Schilddrüsenunterfunktionen führen typischerweise zur allgemeinen Verlangsamung und zu depressiven Psychosen.

Schilddrüse und Schwangerschaft

Mit Beginn der Schwangerschaft weist die Regulation der Schilddrüsenfunktion einige Besonderheiten auf. Insbesondere kommt dem Schwangerschaftshormon (hCG) hier eine wichtige Rolle zu. TSH und hCG sind zwei Glykoproteinhormone mit gleicher a - und homologer β-Untereinheit. In hohen Konzentrationen (wie in der Frühschwangerschaft) kann hCG an den TSH-Rezeptor binden und dort eine vermehrte Aktivität hervorrufen. Besonders die „asialo“-Varianten von hCG sind in dieser Hinsicht aktiv. Die hCG-Wirkung ist verantwortlich für die gelegentlich bei Geminigraviditäten und Blasenmolen auftretenden manifesten Schilddrüsenüberfunktion, die meist nur symptomatisch behandelt werden müssen, da sie vorübergehend sind.
Schilddrüsenantikörper haben per se einen negativen Einfluss auf die Implantation.

So haben Patientinnen mit TPO-Antikörpern im IVF-Programm eine normale Schwangerschaftswahrscheinlichkeit aber signifikant erhöhte Abortraten.

Aktuelle Metaanalysen zeigen eindeutig die Assoziation zwischen der Präsenz von Schilddrüsenantikörpern und dem Risiko einer Fehlgeburt selbst bei (noch) normaler Schilddrüsenfunktion.

Aber auch im späteren Verlauf der Schwangerschaft können TPO- und TSI-Antikörper über die Plazenta auf das Kind übergehen und Schilddrüsenüberfunktionen des Kindes hervorrufen, die zu beschleunigtem Herzschlag beim Kind (fötale Tachykardie), intrauteriner Wachstumsretardierung und im Extremfall zum intrauterinen Fruchttod führen können.

Eine L-Thyroxintherapie bei Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder Vergrößerung der Schilddrüse (Struma) sollte in der Schwangerschaft unbedingt weitergeführt werden. Zusätzlich sollte (auch bei Hashimoto Thyreoiditis) eine Jodidprophylaxe durchgeführt werden, da L-Thyroxin die Plazentaschranke nicht überwindet. Bei Hyperthyreose solle eine thyreostatische Therapie in möglichst niederiger Dosis sofort nach Diagnosestellung eingeleitet werden.